Er gehört zu den bekanntesten Requisiten der Weihnachtsgeschichte: der Stern von Bethlehem, der den Weisen aus dem Morgenland den Weg zum König der Juden zeigt. Was in dieser Geschiche wirklich steckt, erfahren Sie auf den folgenden Zeilen...
Wir lesen von diesem Stern (und den Sternkundigen) nur im Matthäusevangelium – nicht im Lukasevangelium. Im Lukasevangelium ist es der Engel, der den Hirten die Geburt des Messias verkündigt. Diese Funktion übernimmt im Matthäusevangelium der «Stern von Bethlehem».
Auf den ersten Blick sind die ersten Menschen, die von der Geburt Jesu erfahren, völlig verschieden: im Fall des Lukasevangeliums sind es die Hirten draussen auf dem Feld, einfache, arme Leute, die in schlechtem Ansehen standen; im Fall des Matthäusevangeliums sind es dagegen die angesehenen – und, wie an ihren kostbaren Geschenken erkennbar, auch reichen – Gelehrten. Und doch verbindet beide etwas: beide sind auf ihre Weise «Randständige»: die Hirten sind Randständige der judäischen Gesellschaft, die Weisen wiederum sind noch nicht einmal Juden, sondern «Heiden», die Gott – den Gott Israels – noch nicht einmal kannten. In dieser Hinsicht haben beide Geschichten schon einmal die gleiche Aussage: es sind nicht die, die zum inneren «Kuchen» gehören, sondern Aussenstehende, welche zuerst von der Geburt Jesu erfahren bzw. als Erste bei ihm sind.
Im Falle der Geschichte von den Sternkundigen kommt es dabei sozusagen zu einer «Zusammenarbeit» zwischen den Juden und den Heiden. Die Sternkundigen haben, durch den Stern, den sie «aufgehen» sahen, zwar erkannt, dass jetzt der König der Juden geboren wird, sie wissen aber nicht wo. Den genauen Ort erfahren sie erst, als sie sich in Jerusalem, wo sie logischerweise zuerst hingehen, nach dem neugeborenen König erkundigen: die Schriftkundigen, welche der König Herodes daraufhin befragt, geben zur Auskunft, dass es Bethlehem sein muss – so hatten es die Propheten des Alten Testaments verheissen. Zur Zeit kommt so nun auch der Ort dazu – erst mit beiden Koordinaten lässt sich der neugeborene König finden.
So braucht es eben BEIDE, die Sternkundigen und die Schriftgelehrten, die Einheimischen und die Fremden, um Jesus zu finden – ein wunderbares Bild, das uns auch heute noch inspirieren kann (und natürlich weist die ganze Geschichte damit auch voraus darauf, wie im gemeinsamen Glauben an Jesus Christus Juden und Heiden einst verbunden sein werden).
Zum Weiterdenken: Ist es Zufall, dass, als die Könige dann von Jerusalem nach Bethlehem aufbrechen, der Stern plötzlich vor ihnen her geht? Das ist ja das eigentlich «unglaubliche», wunderhafte Element in dieser Geschichte. Aber was ist Bewegung anderes als eine Veränderung des Ortes mit der Zeit, also die Kombination von Räumlichem und Zeitlichem? Jedenfalls sollten wir vorsichtig sein, solche «wunderhaften» Elemente einfach als simple «Kindermärchen» abzutun, selbst dann, wenn sie nicht genauso passiert sein sollten.
Eine reine Erfindung muss der «Stern von Bethlehem» so oder so nicht sein. Man weiss heute, dass im Jahre 7 v.Chr. eine sogenannte «grosse Konjunktion» der Planeten Jupiter und Saturn auftrat, die als recht grosses Licht erscheinen konnte. Bemerkenswert ist, dass in der antiken Welt der Planet Jupiter als Stern des höchsten Gottes galt (daher bekam er auch den Namen des römischen Hauptgottes), während der Planet Saturn als Stern des Volks der Juden gelten konnte. Die Kombination von beidem hatte somit eine klare Aussage… Dass Jesus nicht, wie erst Jahrhunderte später berechnet wurde, im Jahre 0 geboren wurde, sondern früher, wahrscheinlich um 4 v. Chr., gilt heute sowieso als erwiesen, aufgrund der historischen Angaben in den Evangelien selbst.
20.12.22 - Pfr. Matthias Maywald
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