Matthias Maywald

Nicht mehr relevant?

Kinder (Foto: Ben White – Unsplash)

Auch der Religionsunterricht leidet unter dem "Relevanzverlust" der Kirche in der Gesellschaft. Aber ist der kirchliche Glaube tatsächlich nicht mehr relevant? Oder wird oft nur sehr einseitig verstanden, was "Glaube" heisst?
Matthias Maywald,
Diesen Monat feiern 12 Jugendliche unserer Kirchgemeinde ihre Konfirmation. Sie haben im Religions- und Konfirmationsunterricht den christlichen Glauben kennengelernt und möchten darin leben.

Ein so grosser Konfjahrgang ist nicht mehr selbstverständlich. Für die nächsten Jahre erwarten wir – mit einigen Schwankungen – wesentlich kleinere Gruppen. Dies hat damit zu tun, dass eine zunehmende Anzahl von Kindern schon in der Primarschule vom Religionsunterricht abgemeldet wird, dessen Besuch Voraussetzung für eine spätere Konfirmation ist. Ab der 5. Klasse wird auch die dafür erforderliche Anzahl von Jugendgottesdienstbesuchen (durchschnittlich einer pro Monat) immer öfter zum Problem.

Neben anderen Gründen ist dies natürlich auch eine Folge des sogenannten «Relevanzverlustes» des kirchlichen Glaubens in der Gesellschaft. Daher ist es keineswegs allen Eltern mehr wichtig, ob ihre Kinder eine kirchliche Bildung erhalten. Einigen scheint es überhaupt gleichgültig zu sein, was ihre Kinder glauben. «Ich möchte es meinen Kindern selber überlassen, was sie glauben», so eine Begründung für die Abmeldung vom Religionsunterricht.

Letzteres hat mir zu denken gegeben: Kann es uns wirklich egal sein, was unsere Kinder glauben? Das kann es doch nur so lange, als wir unter «Glaube» etwas verstehen, das recht wenig mit dem Leben zu tun hat, und mit den Werten, die jemand hat. Das man so nebenbei noch hat (oder auch nicht). Das allenfalls diejenigen «nötig» haben, die einen Verlust verarbeiten müssen oder in einer Lebenskrise stecken und deshalb einen «Halt» brauchen.

Das ist jedoch ein ziemlich eingeschränkter Begriff von «Glaube» (an dem die Kirche allerdings auch eine Mitschuld tragen könnte). «Glaube» ist viel mehr als das. Er ist ist nicht nur eine «Zugabe» zum Leben, sondern bestimmt mein ganzes Leben und Denken. Woran ich glaube, danach richte ich mich. Es ist für mich das, was am Ende zählt und deshalb auch mein höchstes Gut und Ziel ist.

Können wir es, so gesehen, allen Ernstes unseren Kindern selber überlassen, was sie glauben? Ob sie z.B. an das Geld, die Macht oder die Berühmtheit glauben, oder aber an die Gerechtigkeit, die Barmherzigkeit und die Demut? Ob sie dem Materiellen und Äusserlichen verhaftet sind, oder ob sie offen bleiben für das, was darüber hinausgeht? Ob sie sich selbst die Nächsten sind oder ob sie ihre Nächsten lieben wie sich selbst? Abgesehen von allerhand wirklich schädlichem Aberglauben.

Auch darum geht es im Religionsunterricht, und nicht «nur» um den Glauben an Gott oder Jesus oder um Bibelkenntnis. Oder besser gesagt: An diesem Glauben hängt viel mehr dran als viele meinen. Eben nicht nur Trost und Halt für dunkle Tage, sondern die Frage, wonach wir uns richten, «wes Geistes Kind» wir sind, wie wir im Innersten «gepolt» sind. Und müssten wir uns darum, für unsere Kinder wie für uns selbst, nicht genauso sorgen wie um Gesundheit und Erfolg in diesem Leben?

In einem Lied zur Taufe heisst es nachdenklich: «Kind, du bist uns anvertraut. Wozu werden wir dich bringen? Wenn du deine Wege gehst, wessen Lieder wirst du singen?» Ja – wessen Lieder werden unsere Kinder singen? Und wie können wir so gewiss sein, dass wir unsere Kinder schon zum Guten bringen werden? Diese Selbstgewissheit wäre wohl gerade nicht die beste Voraussetzung.

In unserer Kirche wissen wir dagegen, dass nicht wir, sondern nur der Geist Gottes die Herzen richtig führen kann. Gerade um den Heiligen Geist werden wir deshalb am 25. Mai für unsere Konfirmandinnen und Konfirmanden bitten.

Pfr. Matthias Maywald
7. Mai 2025
Bereitgestellt: 07.05.2025      
aktualisiert mit kirchenweb.ch